5 Fragen an: Natalie Schnack

Natalie Schnack hilft als Sichtbarkeits-Coach Berufstätigen, mehr Sichtbarkeit und Präsenz zu finden, ohne sich verstellen zu müssen. In ihren Büchern „Leise überzeugen. Mehr Präsenz für Introvertierte“ und „30 Minuten Selbstbehauptung“ hat sie praxisnah und alltagstauglich beschrieben wie man eigene Qualitäten und Erfolge auf eine individuell, passende Art nach außen transportiert und anderen Menschen auf einer Augenhöhe begegnet, unabhängig von hierarchischer Stellung. Bevor sie sich 2009 für die Selbständigkeit entschieden hat, arbeitete die Diplom Wirtschaftsingenieurin (FH) über 10 Jahre in einem der größten Medienunternehmen Europas, zuletzt leitete sie das Projekt Kundenorientierung.

1. Wie wichtig ist Anerkennung durch den Chef für die Motivation der Mitarbeiter?

Anerkennung allgemein ist eines der wichtigsten Grundbedürfnisse eines jeden Menschen. Das zweite Grundbedürfnis ist der Wunsch nach Wachstum und Weiterentwicklung. Werden diese beiden Bedürfnisse nicht befriedigt, geht ein Mensch ein wie eine Blume ohne Wasser. Werden sie aber erfüllt, dann ist er motiviert immer weiter zu machen und über sich hinauszuwachsen. Wir verbringen die meiste Zeit auf der Arbeit, da ist es nur logisch, dass wir da verstärkt versuchen eben diese zwei Grundmotive zu befriedigen.

Ein cleverer Chef sollte sich dessen im Klaren sein. Weil er dafür da ist, seine Mitarbeiter so zu behandeln, dass sie bereit sind für ihn und das Unternehmen ihr bestes zu geben. Und somit gehören Feedback und Anerkennung zu seinen wichtigsten Aufgaben.

Natürlich sollte jeder lernen, seine Leistung auch selbst zu beurteilen und sich selbst anzuerkennen, damit man nicht ständig am Tropf der Rückmeldung von außen hängt. Und oft bekommt man auch Rückmeldung von Kollegen, die die Arbeit beurteilen können. Doch die Rückmeldung des Vorgesetzten hat schon mal auf Grund seines Status ein größeres Gewicht. Er entscheidet schließlich auch darüber, ob man mehr Geld bekommt oder befördert wird. Und wenn ein Mitarbeiter kein Feedback vom Chef bekommt, woher soll er wissen, wo er steht und in welche Richtung er sich weiter entwickeln kann.

Anerkennung bedeutet doch: „Ich erkenne an, was du bist, was du kannst und was du leistest.“

2. Sind Sie der Meinung, dass vor allem Frauen Probleme dabei haben, ausreichend Anerkennung und eine faire Entlohnung zu erreichen?

Das ist in der Tat meine Erfahrung aus dem Coaching, dass Frauen sich da schwerer tun. Es gibt verschiedene Ursachen, die zum Teil nach wie vor gesellschaftlich bedingt sind. Mein Eindruck ist es, dass Frauen es noch lernen müssen, ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen und ernster zu nehmen. Sie sind sehr gut darin, darüber hinwegzugehen und sich mit dem zufrieden zu geben, was sie haben und sich zum Wohle anderer einzusetzen. Auch wenn sie sich eigentlich unwohl fühlen. Männer sind da geübter, wenn ihnen irgendetwas „stinkt“, dann kümmern sie sich darum. Natürlich ist es jetzt pauschal, es gibt immer solche und solche, aber in der Masse stimmt es schon.

Wenn eine Frau, die keine oder kaum Anerkennung bekommt und auch nicht leistungsgerecht entlohnt wird und das eigentlich weiß, sich aber ständig einredet, dass das so schlimm ja gar nicht ist, dass sie doch aber dafür spannende Arbeit machen darf und überhaupt froh sein soll, dass sie als Frau so weit gekommen ist, dann liegt es auf der Hand, dass da auch nichts kommt. Wer nichts für sich einfordert, bekommt meist auch nichts.

3. Wie sieht es mit unsicheren Berufseinsteigern aus, die ihren Marktwert und ihre Kompetenzen noch nicht richtig einschätzen können?

Jeder hat Kompetenzen, jeder hat Stärken und Fähigkeiten. Ich sage das extra, weil es mir oft begegnet, dass Menschen auf die Frage nach ihren Stärken nur mit den Schultern zucken. Ich spreche da von drei Fallen, in der gerade unsichere Menschen oft tappen:

  1. Selbstverständlichkeitsfalle. Wenn man das, was man kann und bisher an Erfolgen erlebt hat als selbstverständlich und nichts Besonderes erachtet, dann wird es schwer, sich neue Dinge zuzutrauen.
  2. Vergleichsfalle. Wenn man die eigenen Fähigkeiten als etwas selbstverständliches und ohne wirklichen Wert sieht, dann ist eh klar, dass man zu anderen rüber schielt und der Meinung ist, was die anderen können ist alles viel besser. Man selbst fühlt sich im Vergleich klein mit Hut.
  3. Nie-genug-Falle. Wenn das was man bisher kann nicht vom wert ist, wenn die anderen viel toller sind, dann kommt man schnell auf die Idee, dass man so wie man ist nicht gut genug und unzureichend ist, dass man sich erst verändern muss, bevor man sich für würdig erachten würde.

Dass das kirre und völlig unsicher macht, ist kein Wunder.

Deswegen ist meine Empfehlung: lernen Sie sich so wie Sie gerade sind und mit all dem was Sie gerade können und mitbringen, wertzuschätzen. Das ist garantiert eine ganze Menge. Die Sicherheit bekommt man durch eine andere Einstellung zu sich selbst. Es lohnt sich 1000 mal mehr daran zu arbeiten, als wenn man versucht, sich darauf hin zu optimieren, was man denkt, was gerade gefragt ist. Deswegen empfehle ich für die, die unsicher sind und sich nicht einschätzen können, in ein gutes Coaching zu investieren, wo es um Selbstakzeptanz geht. Statt wie es oft der Fall ist, mit der Rhetorik und Körpersprache oder an dem Auswendiglernen von angeblich richtigen Antworten für das Bewerbungsgespräch zu hantieren.

4. Wie erlange ich mehr Selbstbewusstsein bei der Erfüllung meiner beruflichen Tätigkeit?

In dem ich es lerne, meine Wünsche und Bedürfnisse, die ich an das Berufliche habe, wahrzunehmen und ernst zu nehmen. In dem ich mich ganz bewusst kennenlerne und an einer positiven Einstellung zu mir, zu dem was ich kann und leiste arbeite. Im Grunde habe ich es schon oben beantwortet.

5. Ist es sinnvoll Lob und Anerkennung beim Chef einzufordern?

Klar. Ich bin eine Verfechterin klarer Worte. Damit meine ich nicht, dass man rummaulen soll, dass man bisher keine Anerkennung bekommen hat, oder den Chef über seine Pflichten belehrehren soll. Aber den Wunsch danach zu äußern, zu begründen, warum das für Sie wichtig ist – das halte ich für enorm wichtig. Denn da wären wir wieder bei dem Thema: die eigenen Bedürfnisse ernst nehmen. Hier erlebe ich sehr oft, dass die Erwartungshaltung einfach da ist, dass der Chef eben dazu da ist, und müsste doch sehen …. Und wenn er es eben nicht sieht, dann wird geschmollt.

Dabei sollte man nicht unterschätzen, dass der Chef womöglich selbst in seinem Leben noch nie oder kaum Anerkennung von anderen bekommen hat. Vielleicht kennt es das gar nicht. Deswegen empfehle ich: gehen Sie vor, geben Sie Ihrem Chef Anerkennung für das was er ist und was er leistet. Und zwar nicht einmal, sondern auf Dauer. Wenn Sie überhaupt den Fokus darauf richten, was Ihre Kollegen und Ihr Chef Gutes tun und das aussprechen, steigt die Wahrscheinlichkeit überproportional, dass auch Sie dann solche Rückmeldungen bekommen werden. Und die Ausreden, dass man ja eben kein Schleimer ist, lasse ich hier nicht gelten. Was man für sich erwartet, sollte man auch einem anderen gönnen.

Ein Mensch, der nicht in der Konsumhaltung darauf wartet, dass andere von alleine das liefern was er braucht, sondern bereit ist, die Sache respektvoll selbst in die Hand zu nehmen, bekommt ganz sicher Anerkennung und die Möglichkeit sich weiter zu entwickeln.

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